Activity-based Costing (ABC) entstand in den USA vor allem aufgrund der Unzulänglichkeiten der amerikanischen Kostenrechnung im Fertigungsbereich. Die Gemeinkosten wurden auf Basis der direkten Lohnstunden, Maschinenstunden oder der Materialkosten auf die Produkte verrechnet. Mit Hilfe dieser volumenorientierten Bezugsgrößen konnten den Produkten jedoch nicht alle Kosten verursachungsgerecht zugeordnet werden. Im Mittelpunkt der ersten Ansätze des ABC standen deshalb die Gemeinkosten der Fertigung und deren Verrechnung auf die Produkte.
Den entscheidenden Anstoß für die Entwicklung des ABC gab der 1985 erschienene Aufsatz „The hidden factory“ von Miller und Vollmann. Dabei stellten sie die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung vor, nach der in der amerikanischen Industrie im Zeitraum von 1855 bis 1975 der Anteil der Gemeinkosten an der Wertschöpfung stetig zugenommen hatte, während der Anteil der Lohneinzelkosten immer mehr zurückgegangen ist. Aufgrund dieser Entwicklung hielten Miller und Vollmann eine Abkehr von der Fokussierung auf die „visible operations“, d.h. die direkte Produktion, und eine stärkere Betrachtung der indirekten Bereiche, der sog. „hidden factory“, für erforderlich.
Die treibende Kraft der Gemeinkosten seien „transacions, not physical products“. Eine erste konzeptionelle Umsetzung der Vorschläge von Miller und Vollmann vollzogen Johnson und Kaplan 1987 in ihrem Buch „Relevance Lost: The Rise and Fall of Management Accounting“. Sie kritisierten dabei insb. die aus der Verwendung ungeeigneter Bezugsgrößen in der Vollkostenrechnung resultierende Quersubvention zwischen den Produkten. Johnson und Kaplan entwickelten daraufhin ein Konzept zur verursachungsgerechteren Verrechnung der Gemeinkosten der fertigungsnahen Bereiche auf die Produkte. Im Anschluss an ihr Buch konkretisierten und erweiterten Johnson und Kaplan zusammen mit Cooper das Konzept der prozessorientierten Gemeinkostenverrechnung und prägten die Bezeichnung „Activity-based Costing“, die sich heute in der anglo-amerikanischen Literatur und Praxis durchgesetzt hat.
Alle Ansätze des ABC gehen davon aus, dass die Ressourcen eines Unternehmens zur Durchführung von Aktivitäten eingesetzt werden, die wiederum der Leistungserstellung dienen. Die Kosten der Ressourcen werden den Aktivitäten zugeordnet, die sie in Anspruch genommen haben. Die Summe der Ressourcenkosten einer Aktivität bilden die Aktivitätskosten, die den Kostenobjekten (Produkte, Sparten, Vertriebskanäle, Kundengruppen etc.) mit Hilfe sog. „Cost Driver“ zugerechnet werden. Cost Driver sind dabei Maßgrößen für den Ressourcenverbrauch der Aktivitäten und bestimmen demnach die Höhe der Aktivitätskosten. Diese sollen auf die Kostenobjekte verteilt werden.
Beim ABC setzen sich die Produktkosten aus der Summe der Kosten aller Aktivitäten zusammen, die benötigt werden, um ein Produkt herzustellen und auszuliefern. Die Kosten werden also nicht wie bisher auf Basis des Ressourcenverbrauchs, sondern des Aktivitätenverbrauchs einzelner Produkte verrechnet. Das ABC bezieht sich dabei auf alle nicht als Einzelkosten (wie z.B. Materialkosten und Löhne) verrechenbaren Kostenbestandteile, insb. auf die Fertigungsgemeinkosten. Der Einsatzbereich des ABC beschränkt sich nicht nur auf die indirekten Bereiche, sondern bezieht auch ausdrücklich die Fertigung mit ein. Die Verrechnung der Kosten erfolgt wie in der Abbildung dargestellt in zwei Stufen mit insgesamt fünf Schritten:
⦁ Identifikation der Tätigkeiten und Zusammenfassung zu Aktivitäten
⦁ Entscheidung über den Ausweis der Aktivitätskosten
⦁ Bestimmung der Bezugsgrößen auf der 1. Stufe und der Aktivitätskosten
⦁ Abgrenzung von Aktivitätszentren
⦁ Bestimmung der Bezugsgrößen der 2. Stufe und Verrechnung auf Kostenobjekte
In der ersten Stufe werden die Kosten den Aktivitäten und in der zweiten Stufe den Kostenobjekten (Produkte etc.) zugerechnet.
Das ABC nimmt zwei unterschiedliche Sichtweisen ein: Zum einen führt man eine Betrachtung des Kostenflusses von den Ressourcen über die Aktivitäten bis zu den Kostenobjekten durch („Cost View“). Zum anderen steht der Unternehmensprozess im Vordergrund, d.h. welche Faktoren die Durchführung der Aktivitäten bestimmen, wie die Ausführung der Aktivitäten erfolgt und welche Ergebnisse hiermit erzielt werden („Process View“). Die Kostensicht liefert Informationen über betriebliche Ressourcen, Aktivitäten und Kostenobjekte.
Die Verknüpfung zwischen diesen Elementen erfolgt über Kostentreiber der ersten und zweiten Stufe. Dabei geht man davon aus, dass betriebliche Ressourcen zur Durchführung von Aktivitäten benötigt werden, die wiederum für verschiedene Kostenobjekte (wie z.B. die Erstellung eines Produktes) erforderlich sind. Dies kennzeichnet den Kostenfluss innerhalb des Unternehmens. Diese Sichtweise lässt sich jedoch auch umkehren, indem man davon ausgeht, dass zur Erstellung eines Produktes Aktivitäten notwendig sind, für deren Durchführung Ressourcen benötigt werden. Dieser dem Kostenfluss entgegengesetzt verlaufende Ressourcenbedarfsstrom kennzeichnet die über die Aktivitäten ausgeübte Nachfrage der Kostenobjekte nach Ressourcen.
Zu beachten ist, dass ABC und Prozesskostenrechnung nicht gleichgesetzt werden dürfen, denn ihre Anwendungsbereiche und Methodik unterscheiden sich erheblich. Die Prozesskostenrechnung wurde vor allem zur Steuerung der Gemeinkosten fertigungsfremder Bereiche entwickelt. Den Einsatzschwerpunkt des ABC bilden hingegen die Gemeinkosten der Fertigung. Überschneidungen ergeben sich lediglich in den indirekten Gemeinkostenbereichen. Während das ABC grundsätzlich für den Einsatz im gesamten Unternehmen konzipiert wurde, beschränkt sich die Anwendung der Prozesskostenrechnung auf Kostenstellen indirekter Bereiche mit überwiegend repetitiven Tätigkeiten.
Aufgrund dessen kann das ABC als eigenständige Alternative zu traditionellen Kostenrechnungssystemen angesehen werden; die Prozesskostenrechnung dagegen bildet lediglich eine Ergänzung bzw. partielle Alternative zur bestehenden Kostenrechnung, insb. der Grenzplankostenrechnung. Ebenso relativiert die Prozesskostenrechnung den Anspruch des ABC, praktisch alle Aktivitäten des Unternehmens planen und messen sowie deren Kosten verursachungsgerecht den Produkten zuordnen zu wollen.