Bildungscontrolling dient der Sicherstellung der professionellen Bewirtschaftung des Wissens der Organisationsmitglieder im Rahmen von betrieblichen Bildungssystemen. Über die zentrale Frage „Welchen Beitrag zum Unternehmenserfolg (Effektivität) und welchen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit (Effizienz) leisten die Träger der Lernkultur des Unternehmens“ bietet ein unternehmensspezifisches Bildungscontrollingsystem situationsgerecht nutzbare Instrumente, Modelle, Verfahren und Vorgehensweisen, die die unternehmerische Bildungsarbeit unterstützen. Bildungscontrolling betrachtet Bildung als Investition und stellt quantitative und qualitative Informationen für die Planung, Analyse, Steuerung und Kontrolle der unternehmensweiten Lernprozesse bereit.
Operativ zielt Bildungscontrolling darauf ab, die erforderlichen Entwicklungsmaßnahmen wirtschaftlich und lernwirksam zu gestalten (Effizienz). Der strategische Fokus richtet sich auf die Prüfung, ob Ziele und Schwerpunkte so gesetzt sind, dass sie mit den strategischen Unternehmenszielen im Einklang stehen (Effektivität).
Bildungscontrolling hat das Ziel, auf der Grundlage von Ist-Daten und der Abschätzung zukünftiger Entwicklungen (Trends) den Bedarf für Lernen zu ermitteln, zu analysieren und zu einer effizienten Planung und Steuerung der Programme in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu verdichten. Damit ist Bildungscontrolling ein kundenorientiertes ganzheitliches Planungs-, Analyse- und Steuerungssystem für Bildungsinvestitionen zur Erzielung strategischer Wettbewerbsvorteile durch optimal entwickelte Humanressourcen.
Bildungscontrolling wirkt als Teilsystem des Personalcontrolling. Die Steuerung der Wirtschaftlichkeit des „Servicecenters Bildung“ benötigt ein ganzheitliches Personalinformationssystem, das die für die Bewirtschaftung des unternehmensweiten Wissens in- und externen Daten- und Informationsquellen digitalisiert. Dazu gehört eine entsprechende Kostenrechnung (Kosten- und Leistungsrechnung) in Form einer Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechung, die auch kalkulatorische Kosten und Reisekosten für Bildung berücksichtigt.
In Anlehnung an Porters „Wertkette“ besteht das Bildungswesen aus einer Reihe von Prozessen, die für die „in- und externen Kunden“ durch wertvolle Programme einen Wert schöpfen, der über der Summe der Kosten liegt. Insoweit hat das Bildungswesen eine eigene Wertschöpfungskette, die über ihre Wertschöpfungspotenziale Möglichkeiten der Wertschöpfungsoptimierung erschließt.
Die situationsgerechte Evaluierung mit ihrer seminar-, legitimations-, transfer- oder entwicklungsorientierten Dimension sichert die Anwendung im Funktionsfeld und damit die arbeitsplatzbezogene berufliche Handlungsfähigkeit. Allerdings lassen sich anfallende Erträge niemals eindeutig (monokausal) durchgeführten Bildungsmaßnahmen zuordnen. Die hohe Kunst des Bildungscontrolling liegt deshalb eher darin, Lernkonzepte so innovativ zu entwickeln, zu begründen, durchzuführen und zu evaluieren, so dass die nachträgliche Legitimation nicht mehr notwendig ist.
Damit richtet sich Bildungscontrolling als Steuerungsfunktion in die Zukunft, die versucht, künftige Entwicklungen i.S. definierter Ziele zu beeinflussen. Die betriebswirtschaftliche Kontrollfunktion dagegen betrachtet Vergangenes und analysiert Abweichungen, um daraus Maßnahmen für künftig geringere Abweichungen abzuleiten (ex post Betrachtung zur ex ante Beeinflussung).
Bildungscontrolling im Verständnis eines ROI-Ansatzes (unternehmenswertorientierte Performancemaße) zwingt Bildungsverantwortliche in den Legitimationsdruck, die Wirksamkeit von Lernprozessen in Geldeinheiten nachzuweisen und damit auch für Nicht-Bildungsleute nachvollziehbar zu machen. Anhänger dieses Denkansatzes sehen im Bildungscontrolling das geeignete Instrument, um allen Zweiflern in unantastbaren Zahlen die Wichtigkeit von Bildungsarbeit zu beweisen. Stattdessen jedoch allein in betriebspädagogischen Kategorien auf den Selbsterklärungseffekt des Nutzens von Bildung im Allgemeinen zu hoffen (da Personal- und Organisationsentwicklung einen langen Atem benötigen), entspricht nicht dem Anspruch, Bildung als Investition in Humankapital zu verstehen. Bildung verursacht Kosten und lässt (zumindest langfristig) Erträge erwarten.
Grenzen von Bildungscontrolling
Der Nachweis einer geschlossenen Kausalkette zwischen Bildungs- und Unternehmenserfolg ist nicht eindeutig zu belegen, da der Transfererfolg durch verschiedenste Einflussfaktoren des Lern- und Funktionsfeldes wesentlich beeinflusst wird.
Ziele und Erfolgsmaßstäbe von Weiterbildungsmaßnahmen lassen sich nur schwer quantifizieren oder können nur durch qualitative Beurteilungen erfasst werden, da der Zeitpunkt einer Erfolgsmessung mit dem Zeitpunkt des Erfolges oft nicht deckungsgleich ist.
Die objektive Messbarkeit der Ergebnisse im Bildungsbereich ist auch unter dem Aspekt der Zurechnungsproblematik nur begrenzt möglich, so dass subjektive Bewertungen und qualitative Beurteilungen nötig sind.
Die Gefahr wächst, dass die einseitige ökonomische Betrachtung der Bildungsarbeit nur Programme mit kurzfristigen Erfolgen in den Vordergrund treten lässt.
Ohne ein entsprechendes Bildungsinformationssystem entsteht ein hoher personaler Aufwand, der Bildungscontrolling als Produzent von Zahlenfriedhöfen schnell zum Kosten- und nicht zum Wertschöpfungsfaktor macht.
Chancen von Bildungscontrolling
Steigerung der Wertschöpfung durch Planung, Messung und Beurteilung des Lernkultur-Beitrages zum Unternehmenserfolg.
Verstärkung des unternehmerischen Handelns durch Verbesserung des Zielbildungsprozesses im Einklang mit dem Unternehmensleitbild (Frühwarnsystem).
Erkennung der Entwicklungspotenziale und Hebung vermuteter Leistungsreserven, die echte Wettbewerbsvorteile bieten.
Transparenz der Bildungskosten und der Bildungszeit.
Situationsgerechte Einbindung der Führungskräfte in die Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der Lernprozesse.
Planung der Lernprogramme an konkreten Erfordernissen des Arbeitsplatzes und dem Bedarf der Stelleninhaber mit einem dadurch an der Praxis ausgerichteten, ergebnisorientierten Nutzen.
Die kennzahlengestützte Bildungsarbeit betrachtet Daten unterschiedlichster Herkunft (interne und externe Benchmarks), die zu neuen Perspektiven führen (Synergie).
Wirkungsdimensionen können differenziert evaluiert werden (Wissen, Einstellungen, Verhalten, Ergebnisse, didaktische Vielfalt).
Abkehr von „statischer Kontrolle“ zu einem dynamischen Feedback-Prozess lebenslangen Lernens.