Freistellung: Arbeitsverhinderung, krankes Kind und Anspruch

Was versteht man unter einer Freistellung?

Eine Arbeitnehmerfreistellung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einen Mitarbeiter trotz bestehenden Arbeitsverhältnisses von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung entbindet. Statt von einer Freistellung spricht man auch von einer Beurlaubung« oder Suspendierung.

Eine Freistellung kann unbezahlt, aber auch unter Weiterzahlung des üblichen Arbeitsentgeltes erfolgen. Zu den bezahlten Freistellungen zählen u. a. der Erholungsurlaub sowie der Bildungsurlaub. Außerdem haben Arbeitnehmer gemäß § 616 BGB einen Rechtsanspruch auf eine bezahlte Freistellung für kurze Zeit, wenn sie aus persönlichen Gründen ohne ihr Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert sind.

Wann liegt eine Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen vor?

Voraussetzung für eine Freistellung nach § 616 BGB ist, dass Sie während der gesamten Dauer Ihrer üblichen Arbeitszeit durch einen in Ihrer Person bzw. in Ihren persönlichen Verhältnissen liegenden Grund verhindert sind, Ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Zu diesen Gründen gehören außergewöhnliche Familienereignisse wie Hochzeiten, Todesfälle, eine schwerwiegende Erkrankung naher Angehöriger oder — was häufig vorkommt — die Pflege eines erkrankten, noch nicht zwölf Jahre alten Kindes.

Eine bezahlte Freistellung für einen Arztbesuch kommt nur dann in Betracht, wenn dieser unbedingt während Ihrer Arbeitszeit erfolgen muss. Gemäß § 616 BGB haben Sie auch für »kurze Zeit« Anspruch auf eine bezahlte Freistellung, wenn Sie im Rahmen Ihrer Stellensuche während Ihrer Arbeitszeit ein Vorstellungsgespräch oder einen ähnlichen Termin haben.

Der Begriff »kurze Zeit« ist nicht gesetzlich definiert. Allerdings ist in vielen Tarifverträgen konkret geregelt, welche Zeitspanne hierunter zu verstehen ist. Häufig wird dabei die Beschäftigungsdauer zu Grunde gelegt. So werden beispielsweise bei einer Betriebszugehörigkeit bis zu sechs Monaten drei Tage als »kurze Zeit« angesehen, bei einer Beschäftigung von zwölf Monaten eine Woche, bei einer längeren Beschäftigungszeit zwei Wochen.

Im Falle der Pflege eines erkrankten Kindes ist nach der Rechtsprechung gemäß § 616 BGB eine bezahlte Freistellung bis zu fünf Tagen zu gewähren. Im Anschluss daran können gemäß § 45 SGB V Ansprüche gegen die gesetzliche Krankenversicherung entstehen.

Wann muss die Krankenkasse für die Betreuung des kranken Kindes zahlen?

Ist Ihr Kind länger als fünf Tage krank und findet sich in Ihrem Haushalt niemand, der es während Ihrer Abwesenheit pflegen und betreuen kann, dann haben Sie Anspruch auf unbezahlte Freistellung. Gleichzeitig muss Ihnen die gesetzliche Krankenkasse ein Pflegekrankengeld zahlen, das das Gehalt, welches Ihnen wegen der Betreuung des Kindes entgeht, ersetzen soll. Der Anspruch auf Pflegekrankengeld besteht jährlich pro Kind für höchstens 10 Arbeitstage (für Alleinerziehende 20 Arbeitstage). Bei mehreren Kindern kann das Krankengeld insgesamt höchstens für 25 Arbeitstage beansprucht werden (für Alleinerziehende 50 Arbeitstage).

Wer hat Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung?

Abgesehen von dem genannten Fall der unbezahlten Freistellung in Verbindung mit einem Anspruch auf Pflegekrankengeld haben Sie grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf eine unbezahlte »Auszeit«. Allerdings können Arbeitnehmerfreistellungen einzelvertraglich sowie in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt sein. Ansonsten können Sie in einem konkreten Fall lediglich versuchen, mit Ihrem Chef eine unbezahlte Freistellung zu vereinbaren.

Wann darf der Chef Sie suspendieren?

Die Suspendierung eines Arbeitnehmers ist nur im Ausnahmefall zulässig. Ein solcher wäre beispielsweise gegeben, wenn ein Arbeitnehmer wegen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens — etwa ein tätlicher Angriff auf seinen Vorgesetzten — außerordentlich gekündigt werden soll und hierfür zuvor noch der Betriebsrat angehört werden muss. Bis zum Ausspruch der Kündigung könnte der betreffende Mitarbeiter dann »beurlaubt« oder suspendiert werden.

Freistellung — wichtige Urteile

Freistellung für Sprachkurs
Nach den Bildungsurlaubsgesetzen der Länder haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlte Freistellung, sofern die Bildungsmaßnahme ihre berufliche Mobilität im Unternehmen erhält, verbessert oder erweitert.
BAG, 18. S. 1999 – AZ: 9 AZR 381/98

Lohnfortzahlung bei Arztbesuch
Ist ein Arbeitnehmer bereits bei Arbeitsbeginn arbeitsunfähig krank und muss er deshalb den Arzt aufsuchen, hat er keinen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung gemäß § 616 BGB. Stattdessen hat er Ansprüche nach dem Lohnfortzahlungsgesetz. Eine Freistellung setzt nämlich begrifflich voraus, dass der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet und daher nicht arbeitsunfähig krank ist.
BAG, 7. 3. 1990 – AZ: S AZR 189/89

Anspruch auf unbezahlte Freistellung
Der Anspruch auf unbezahlte Freistellung eines Arbeitnehmers kann sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben, sofern besondere, in den Verhältnissen des Mitarbeiters liegende Umstände gegeben sind und wichtige betriebliche Interessen der Beurlaubung« nicht entgegenstehen. Dieses kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein als Delegierter gewählter Arbeitnehmer an einem nur alle vier Jahre stattfin
denden tag teilnimmt.
LAG Köln, 11. 1. 199 – AZ: 8 Sa 1020/89

Arbeitsverweigerung wegen erkranktem Kind
Ein Arbeitnehmer hat bei der Erkrankung eines Kindes einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Dies gilt für die Dauer seines Anspruchs auf Pflegekrankengeld gemäß § 45 SGB V Verweigert der Arbeitgeber diesen Anspruch unberechtigterweise, dann hat der Arbeitnehmer das Recht, der Arbeit eigenmächtig fernzubleiben. Eine in diesem Fall ausgesprochene fristlose Kündigung ist unwirksam.
LAG Köln — AZ: 7 Sa 690193



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