Jahresabschluss-Kennzahlensysteme sind systematisch zusammengestellte Gesamtheiten von Jahresabschlusskennzahlen, die dazu dienen, die für die Jahresabschlussanalyse relevanten Sachverhalte aus verschiedener Sicht zu erfassen und in ihrer Komplexität und mit ihren Interdependenzen darzustellen.
Ausgehend von den grundsätzlichen Strukturierungsmöglichkeiten von Kennzahlensystemen können Jahresabschluss-Kennzahlensysteme als mathematisch, heuristisch oder empirisch-statistisch strukturierte Kennzahlensysteme konzipiert sein.
In einem mathematisch strukturierten Kennzahlensystem werden die Zahlen des Systems durch Rechenoperationen aus den über- oder untergeordneten Zahlen abgeleitet. Beispiel eines solchen Kennzahlensystems ist das Return an Investment (ROI)-System, das von der Rentabilität als Spitzenkennzahl ausgeht und diese in einem ersten Schritt unter Zuhilfenahme des Umsatzes in die beiden Komponenten Umsatzrentabilität und Kapitalumschlagshäufigkeit (Rentabilitätsanalyse) aufschlüsselt.
In einem zweiten Schritt werden der Gewinn im Rahmen einer Aufwands- und Ertragsanalyse und das Gesamtkapital im Rahmen einer Vermögens- und Kapitalanalyse vertiefend untersucht.
Der Mangel mathematisch strukturierter Kennzahlensysteme liegt darin, dass in ihnen nur Zahlen auftreten können, die in mathematischer Rechenverknüpfung zur Spitzenkennzahl oder den ausgewiesenen Zahlen stehen. Es fehlen dabei nicht selten für die Beurteilung des betriebswirtschaftlichen Sachverhaltes wesentliche Gesichtspunkte. Derartige Unvollständigkeiten lassen sich vermeiden, indem man bei der Strukturierung des Kennzahlensystems alle Zahlen, die aus
der Sicht des Analytikers für den betrachteten Sachverhalt von Bedeutung sind, als heuristisches Kennzahlensystem zusammenstellt. Flexibilität und inhaltliche Vielseitigkeit sind die Vorteile einer solchen auf Erfahrungswissen beruhenden Strukturierung von Kennzahlensystemen.
Die Problematik liegt darin, dass die Kennzahlenauswahl sehr stark durch das subjektive Ermessen und die Fachkenntnis des Analytikers bestimmt wird und der inhaltliche Zusammenhang der einzelnen Zahlen oft nicht eindeutig ist, was insb. bei sich widersprechenden Tendenzen der Zahlen zu Schwierigkeiten in der Urteilsbildung führt.
Als Beispiel für ein heuristisch strukturiertes Kennzahlensystem kann die Systematik zur Erfolgslage-Analyse gelten. Das System enthält Kennzahlen zu folgenden Bereichen in detaillierender Tiefenanalyse:
⦁ Ergebnisanalyse nach Höhe und Zusammensetzung (Erfolgsspaltung),
⦁ Aufwands- und Ertragsanalyse,
⦁ Rentabilitätsanalyse,
⦁ Cash Flow-Analyse,
⦁ Wertschöpfungsanalyse.
Empirisch-statistische Kennzahlensysteme ähneln im Aufbau den heuristischen Kennzahlensystemen, denn auch sie sind Kennzahlenkataloge. Ihre Besonderheit liegt darin, dass die Auswahl der Kennzahlen nicht mehr ausschließlich dem subjektiven Ermessen des Analytikers überlassen ist, sondern in das Kennzahlensystem nur solche Zahlen aufgenommen werden, die mit Hilfe statistischer Ursachenforschung und Testrechnungen als für den betrachteten Sachverhalt relevant festgestellt worden sind.
Kennzahlensysteme auf empirisch-statistischer Basis sind z.B. zur Insolvenz-, Wachstums- oder Erfolgsprognose erarbeitet worden, wobei als mathematisch-statistische Instrumente zur Kennzahlenauswahl Diskriminanzanalysen Verwendung gefunden haben (prospektive Finanzlage Analyse).