Wann gilt das Kündigungsschutzgesetz?
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt nur, wenn Sie in einem Unternehmen arbeiten, in dem mehr als fünf Arbeitnehmer (ausschließlich der Auszubildenden) beschäftigt sind. Teilzeitbeschäftigte werden dabei wie folgt berücksichtigt:
• Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden mit 50 Prozent
• Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 30 Stunden mit 75 Prozent
• Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden mit 100 Prozent
Außerdem können Sie sich erst auf das Kündigungsschutzgesetz berufen, wenn Sie ohne Unterbrechung länger als sechs Monate in demselben Betrieb beschäftigt gewesen sind.
Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz wird auch allgemeiner Kündigungsschutz genannt. Daneben gelten für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern besondere Kündigungsschutzbeschränkungen, so z. B. nach dem Schwerbehindertengesetz, dem Mutterschutzgesetz (Mutterschutz) oder dem Bundeserziehungsgeldgesetz (Elternzeit).
Wie wirkt der allgemeine Kündigungsschutz?
Eine Kündigung, die einem Arbeitnehmer ausgesprochen wird, auf den das Kiindigungsschutzgesetz Anwendung findet, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (1 Abs. 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung dann, wenn keine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründe für sie vorliegen oder wenn der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat.
Das Kündigungsschutzgesetz entwickelt seine Schutzfunktion allerdings nur, wenn Sie die Kündigung innerhalb von drei Wochen seit Zugang mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht anfechten. Machen Sie von dieser Möglichkeit keinen bzw nicht fristgerecht Gebrauch, dann wird die Kündigung — auch wenn sie sozial ungerechtfertigt war — in vollem Umfang wirksam.
Wann liegen personenbedingte Kündigungsgründe vor?
Hierunter versteht man Mängel, die in der Person, den persönlichen Verhältnissen oder den Eigenschaften des Arbeitnehmers liegen, durch die dieser nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Aufgaben zu erfüllen und wodurch die betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers gestört werden.
Beispiele:
• Mangelnde Eignung
• Längere Krankheit
• Häufige Kurzerkrankungen
• Krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit
• Altersgründe
• Verlust der Fahrerlaubnis.
Eine Kündigung aus personenbedingten Gründen ist nur gerechtfertigt, wenn nach Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers sowie des Arbeitgebers die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als sozial angemessenes und zutreffendes Mittel anzusehen ist. In allen Fällen ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig.
Soll ein Arbeitnehmer beispielsweise aus Krankheitsgründen gekündigt werden, dann müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
• Es müssen in der Vergangenheit längere Fehlzeiten wegen Krankheit und (zum Zeitpunkt der Kündigung) eine negative Prognose hinsichtlich des weiteren Gesundheitszustandes vorliegen.
• Die bereits entstandenen sowie die auf Grund der Prognose zu erwartenden Fehlzeiten müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen.
• Nach einer Interessenabwägung müssen die erheblichen Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen zu unzumutbaren Belastungen des Arbeitgebers führen.
Danach ist eine Kündigung wegen einer lang andauernden Erkrankung nur dann wirksam, wenn Sie in der Vergangenheit schon längere Zeit krank waren und auch künftig mit Ihrem krankheitsbedingten Ausfall zu rechnen ist. Nach der Rechtsprechung gelten Ausfallzeiten von mehr als 20 Prozent der betrieblichen Arbeitszeit pro Jahr über zwei oder mehr Jahre hinweg als beachtlich.
Ausschlaggebend für die Prognose ist der Zeitpunkt der Kündigung. Danach können z. B. häufige Kurzkrankheiten auf eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit hindeuten und somit eine Negativprognose begründen.
Außerdem muss Ihre Erkrankung im Betrieb zu erheblichen Störungen geführt haben, z. B. wenn es durch Ihren Ausfall zu einem Verlust an Kundenaufträgen oder zu Produktionseinbußen gekommen ist. Aber auch Beschwerden von Kollegen über eine Mehrbelastung können als konkrete betriebliche Beeinträchtigung gewertet werden.
Schließlich darf es keine Überbrückungsmöglichkeiten (wie z. B. der Einsatz von Aushilfskräften, Ihre Versetzung im Betrieb) geben, um diese betrieblichen Störungen zu beseitigen. Es muss eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung für den Arbeitgeber entstanden sein.
Eine Kündigung wegen krankheitsbedingter Abnahme der Leistungsfähigkeit ist dann gerechtfertigt, wenn Sie faktisch nicht mehr in der Lage sind, Ihre vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Auch in diesem Fall darf Ihre Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens nicht möglich sein.
Eine Alkoholabhängigkeit ist ebenfalls als Krankheit zu werten. Daher darf der Arbeitgeber in diesem Fall erst kündigen, wenn eine Entziehungskur des Arbeitnehmers erfolglos war oder von diesem abgelehnt wurde.
Was sind verhaltensbedingte Kündigungsgründe?
Hierbei handelt es sich um Kündigungsgründe, die sich aus dem Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, seinen Arbeitskollegen oder Dritten (z. B. Geschäftspartnern) ergeben und die das Arbeitsverhältnis unmittelbar beeinträchtigen. In der Mehrzahl der Fälle geht es um Vertragsverletzungen gegenüber dem Arbeitgeber (wie beispielsweise Beleidigungen, Diebstähle) oder um Fehlverhalten gegenüber von Kollegen (z. B. tätliche Angriffe, sexuelle Belästigungen).
Zu einer Kündigung kann aber nur ein Verhalten führen, wodurch das Arbeitsverhältnis unmittelbar berührt ist. Daher sind Verfehlungen im außerdienstlichen Bereich in der Regel unbeachtlich.
Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber ebenfalls eine Interessenabwägung vornehmen. Im Regelfall muss außerdem mindestens eine —> Abmahnung vorangegangen sein. Lediglich bei ganz schwerwiegenden Vertragsverletzungen (z. B. Unterschlagung von Firmengeldern) kann eine Abmahnung vor der Kündigung entbehrlich sein.
Wann sind betriebliche Kündigungsgründe gegeben?
Unter betrieblichen Gründen für eine Kündigung sind sämtliche internen oder auch außerbetrieblichen Umstände zu verstehen, welche die weitere Beschäftigung eines Arbeitnehmers überflüssig machen (wie beispielsweise ein Auftrags- oder Absatzmangel, die Schließung einer Abteilung).
Dabei muss es sich um schwer wiegende Gründe handeln und die Kündigung quasi der letzte Ausweg sein, um den betrieblichen Erfordernissen gerecht zu werden. Vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob nicht eine andere, weniger einschneidende Maßnahme als die Kündigung in Betracht kommt, also z. B. eine Versetzung, Fortbildung, Umschulung oder eventuell eine Beschäftigung zu geänderten Bedingungen (Änderungskündigung).
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung verpflichtet, unter mehreren in Frage kommenden Arbeitnehmern eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen. Er muss dabei folgende Kriterien berücksichtigen:
• Das Lebensalter des Arbeitnehmers
• Die familiären Verhältnisse (insbesondere etwaige Unterhaltspflichten) des Arbeitnehmers
• Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
• Evtl. Vermögen bzw. Schulden des Arbeitnehmers
• Die Aussichten des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt
Der Arbeitgeber muss diese Punkte gründlich prüfen und abwägen und den jeweils »sozial am wenigsten schutzwürdigen« Arbeitnehmer auswählen.
Unter diese »Sozialauswahl« fallen alle Arbeitnehmer eines Unternehmens, die auf Grund ihrer Ausbildung und Tätigkeit miteinander vergleichbar sind. Grundsätzlich hat die Auswahl denjenigen Arbeitnehmer zu treffen, den die Kündigung — unter Berücksichtigung aller Umstände — am wenigsten schwer belastet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Auswahl zu Gunsten des sozial schwächsten Arbeitnehmers unterbleiben, wenn dringende betriebliche Gründe die Kündigung erfordern. Dies kann etwa im Fall einer teilweisen Betriebsschließung, eines Konkursverfahrens oder von Rationalisierungsmaßnahmen angenommen werden.
In einem Kündigungsschutzprozess ist der Arbeitgeber verpflichtet, die dringenden betrieblichen Gründe für die Kündigung darzulegen und zu beweisen. Außerdem muss er die Kriterien für seine Sozialauswahl offen legen. Dagegen hat der Arbeitnehmer zu begründen, welchem anderen Kollegen hätte gekündigt werden können.
In Unternehmen, die einen Betriebsrat haben, muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden. Anderenfalls ist die Kündigung unwirksam. Widerspricht der Betriebsrat einer Kündigung, weil der Arbeitgeber gegen die Auswahlrichtlinien verstoßen hat, dann ist diese Kündigung ebenfalls sozial ungerechtfertigt.
Was tun, wenn man die Klagefrist versäumt hat?
Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Sie können ausnahmsweise die nachträgliche Zulassung Ihrer Klage beantragen, wenn Sie — trotz größter Sorgfalt — die Klagefrist unverschuldet nicht einhalten konnten. Allerdings müssen Sie nach Wegfall der Umstände, die Sie an der fristgemäßen Klageeinreichung gehindert haben, den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage spätestens innerhalb von zwei Wochen beim Arbeitsgericht stellen. Diese Ausnahme kann aber nur dann gemacht werden, wenn seit der Kündigung insgesamt nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind.
Den Verhinderungsgrund müssen Sie durch geeignete Belege (z. B. ärztliches Attest bei einer Erkrankung) glaubhaft machen. Zusammen mit dem Antrag auf nachträgliche Zulassung muss dann gleichzeitig auch die eigentliche Klageerhebung erfolgen.
Grundsätzlich können Sie sich für die Begründung einer nachträglichen Klagezulassung nicht auf juristische Unkenntnis berufen. Eine Ausnahme kann höchstens dann gelten, wenn Ihnen beispielsweise Ihr Betriebsratsvorsitzender eine falsche Klagefrist genannt hat. Dies müssten Sie aber beweisen.
Was passiert, wenn Sie den Kündigungsschutzprozess gewinnen?
Wenn das Gericht feststellt, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt war, dass kein wichtiger Grund für eine außergerichtliche Kündigung vorgelegen hat oder dass die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam ist (z. B. mangels vorheriger Anhörung des Betriebsrats), dann bleibt Ihr Arbeitsverhältnis fortbestehen. Das heißt, Sie sind wieder zur Erbringung Ihrer Arbeitsleistung verpflichtet und Ihr Arbeitgeber muss Ihnen wieder Ihr Arbeitsentgelt zahlen.
Sofern Sie Ihrem Arbeitgeber schon vor oder im Laufe des Kündigungsschutzprozesses »Ihre Arbeitskraft angeboten« haben, wurde er auf diese Weise in »Annahmeverzug« gesetzt. Dann müssen Sie dies nach dem Urteil nicht noch einmal tun. Vielmehr ist nun Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Sie zur Wiederaufnahme der Arbeit aufzufordern.
Der Annahmeverzug des Arbeitgebers hat außerdem zur Folge, dass er Ihnen für die Zeit zwischen Kündigung und Urteilsfällung das Gehalt nachzahlen muss. Dazu können auch Gratifikationen (z. B. Weihnachtsgeld) oder andere Zusatzleistungen gehören.
Haben Sie zwischenzeitlich eine andere Stelle gefunden und deshalb gar kein Interesse mehr an dem gekündigten Arbeitsplatz, dann können Sie das Arbeitsverhältnis nun Ihrerseits beenden. In diesem Fall müssen Sie Ihrem Arbeitgeber lediglich innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Urteils erklären, dass Sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei ihm verweigern (S 12 Satz 1 KSchG). Das Arbeitsverhältnis endet dann mit Zugang Ihrer Erklärung bei Ihrem Arbeitgeber. Sofern sich Ihr Arbeitgeber in Annahmeverzug befindet, muss er Ihnen den entgangenen Verdienst bis zu Ihrem Eintritt in das neue Arbeitsverhältnis nachzahlen (5 12 Satz 4 KSchG).
Gibt es auch einen Kündigungsschutz in Kleinbetrieben?
Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht für Arbeitnehmer in Betrieben, in denen in der Regel nur fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind (so genannte Kleinbetriebe). In diesen Fällen kommt die beschriebene Kündigungsschutzklage nicht in Betracht. Dennoch müssen Sie auch dann einer Kündigung nicht grundsätzlich schutzlos gegenüberstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitnehmer in Kleinbetrieben, für die das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, eine Kündigung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben in Verbindung mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz) gerichtlich auf ihre Wirksamkeit überprüfen lassen.
Nach diesen Rechtsvorschriften hat der Arbeitgeber im Fall der Kündigung aus betriebsbedingten Gründen bei der Auswahl des zu kündigenden Mitarbeiters ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben muss er die sozialen Belange des betroffenen Arbeitnehmers abwägen. Eine Kündigung, die dieser Anforderung nicht entspricht, verstößt gegen Treu und Glauben und ist deshalb unwirksam.
Kündigungsschutz — wichtige Urteile
Beabsichtigte Stelleneinsparung
Beabsichtigt ein Arbeitgeber lediglich die Streichung einiger Stellen, um eine so genannte Leistungsverdichtung zu erreichen, so ist hierin noch keine unternehmerische Entscheidung zu erblicken, auf die eine betriebsbedingte Kündigung gestützt werden kann. Um eine betriebsbedingte Kündigung zu begründen, muss eine unternehmerische Entscheidung bereits im betriebsorganisatorischen Bereich so umgesetzt sein, dass für die Weiterbeschäftigung der gekündigten Arbeitnehmer kein Bedarf mehr besteht. Die tatsächliche Umsetzung dieser Entscheidung ist im Kündigungsschutzprozess voll nachprüfbar.
Thüringer LAG, 20. 4. 1998 — AZ: 8 Sa 739/96
Kündigungszugang
Für die Berechnung der dreiwöchigen Klagefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bei dem Arbeitnehmer an. Wird die Kündigung per Einschreiben verschickt und trifft der Postbote den Empfänger nicht an, dann muss dieser das Einschreiben nicht sofort bei der Post abholen. Er kann den Brief innerhalb der siebentägigen Aufbewahrungsfrist beim Postamt in Empfang nehmen.
Deshalb gilt die Kündigung erst mit der Aushändigung des Einschreibens durch die Post als zugegangen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Kündigung rechnen musste.
BAG, 25. 4. 1996 — AZ: 2 AZR 13/95
Versäumte Klagefrist
Wenn ein Arbeitnehmer wegen eines Klinikaufenthaltes verhindert ist, die Kündigungsschutzklage innerhalb der Drei-Wochen-Frist beim Arbeitsgericht einzureichen, so muss er seinen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung spätestens zwei Wochen nach Entlassung aus der Klinik bei Gericht einreichen. LAG Schleswig-Holstein, 17. 12. 1997 — AZ: 2 Ta 179/97