Steuern und Discounted Cash Flow (DCF)

Unternehmen müssen verschiedenste Steuern entrichten. Sie können ähnlich wie Auszahlungen für Produktionsfaktoren behandelt werden, schmälern die Cashflows, und in der Folge ist auch der Barwert der Freien Cashflows geringer, als wenn es keine Steuern gäbe. Der Barwert der Freien Cashflows ist auch geringer, weil die Unternehmung die Stromrechnung bezahlen muß, und der Unternehmenswert wäre höher, wenn in dem betreffenden Land Energie gratis bezogen werden könnte das Beispiel ist keine Ironie: Unternehmen, die viel Strom verbrauchen (Aluminiumherstellung) verlagern ihren Standort in Länder mit geringen Energiepreisen. Die Formel, auch die Formel für die Kapitalkosten, bleibt von all diesen Betrachtungen unberührt.

Steuern werden deshalb zu einem Thema bei der DCF-Methode, weil sie in gewissen Fällen nicht finanzierungsneutral sind. Das bedeutet, daß die Steuern Eigenkapital und Fremdkapital unterschiedlich behandeln, und daß deshalb der Wert der Unternehmung von der Kapitalstruktur abhängt und mit dem Verschuldungsgrad variiert.
Für eine ganz konkrete, bestimmte Kapitalstruktur gilt: Nach wie vor ist die Formel gültig, daß der Wert des Eigenkapitals gleich ist dem Barwert der Freien Cashflows, und das ist nun ein Cashflow nach Steuern.

Ebenso gilt bei der Entity-Methode wie zuvor, daß der Gesamtwert (Eigenkapital plus Fremdkapital) gleich ist der Summe der Barwerte der Freien Cashflows plus der Zinsen, und wieder sind bei den Cashflows die Steuern schon abgezogen. Bei der Entity-Methode ist auch wieder der für die Diskontierung anzuwendende Satz durchschnittlicher Kapitalkosten durch die gewichtete Summe der Eigenkapitalkosten und der Fremdkapitalkosten gegeben.

Die alten Formeln bleiben also für eine konkrete Kapitalstruktur gültig. Kompliziert wird die Thematik der Steuern, wenn die eben für eine konkrete Kapitalstruktur beantwortete Frage nach dem Wert verallge-meinert werden soll, und wenn der Wert für alle Verschuldungsgrade durch eine analytische Formel ausgedrückt werden soll. Das ist recht komplex. Schon wenn für eine Unternehmung verschiedene Szenarien hinsichtlich der Finanzierung gerechnet werden, zeigt sich: Mit dem Verschuldungsgrad verändert sich:

1. Der Cashflow (aufgrund der Gewinnsteuern),

2. Der zu zahlende Zins (weil bei höherer Verschuldung mehr Zinsen zu zahlen sind),

3. Die durchschnittlichen Kapitalkosten (weil sich die relativen Gewichte des Eigenkapitals und des Fremdkapitals verändern),

4. Der Wert der Unternehmung.

Es ist kaum zu hoffen, daß sich alle vier Auswirkungen in einer geschlossenen Formel darstellen lassen. Dennoch finden sich immer wieder Formeln, bei denen die durchschnittlichen Kapitalkosten so definiert werden:

WACC = EK/GK * kEK + FK/GK * kFK * (1-s)

EK = Eigenkapital

FK = Framdkapital

GK = Gesamtkapital

kEK = Eigenkapitalkostensatz

kFK = Fremdkapitalkostensatz

s = Steuersatz auf Unternehmensebene

Hierbei bezeichnet s die steuerliche Belastung. In dieser Formel werden bei Fremdfinanzierung die Kapitalkosten immer geringer, und sie kann schon deshalb nur dann korrekt sein, wenn beim DCF-Ansatz im Zähler nicht die Freien Cashflows stehen, sondern Größen, die ebenso kleiner als die wahren Freien Cashflows sind. Meistens wird dabei eine Besteuerung angenommen, die größer ist als die eigentlich zu zahlenden Steuern, eben weil es keine zweifache Besteuerung jener Wertschöpfung gibt, die den gezahlten Zinsen gegenübersteht.

Im konkreten Fall ist jedoch eine detaillierte Betrachtung abgebracht. Wir müssen uns hier mit einigen Bemerkungen begnügen, die vor allem den vierten Punkt betreffen:

Selbstverständlich müssen Eigenkapitalgeber ebenso wie Fremdkapitalgeber Einkünfte versteuern. Von daher haben Investoren keine besondere Präferenz, ob die ihnen zukommenden Ergebnisse aus einer Geldanlage als Eigenkapital oder als Fremdkapital deklariert werden. Allerdings ist es in vielen Länder so, daß Zinseinkünfte voll als Einkommen zu versteuern sind, während Ergebnisse aus einer Investition von Eigenmitteln dagegen nur insoweit als Einkommen zu versteuern sind, als sie in Form von Dividenden zufließen.

Insoweit diese Ergebnisse als Steigerung eines Marktwertes (Kursgewinne) zu verzeichnen sind, muß der private Investor keine Einkommensteuer darauf entrichten (es sei denn, gewisse Spekulationsfristen würden nicht eingehalten). Insgesamt führen diese steuerlichen Gegebenheiten dazu, daß Privatanleger ihr Geld 1. lieber als Eigenkapital (etwa Aktien) denn als Fremdkapital (etwa als Anleihen oder als Gesellschafterdarlehen) zur Verfügung stellen, und daß sie es 2. vorziehen, wenn die Unternehmung keine Gewinne ausschüttet, sondern thesauriert und (im Sinne der Eigner) investiert oder bei Mangel an Ideen und rentablen Projekten Finanzanlagen tätigt.

Andererseits muß eine Unternehmung in allen Ländern die Gewinne versteuern, während die den Zinsen gegenüberstehende wirtschaftliche Leistung im wesentlichen nicht zu versteuern ist, weil Zinsen als Aufwand den Gewinn schmälern. Von daher würde eine Unternehmung versuchen, ihre wirtschaftliche Leistung eher in Form von Zinsen darzustellen als in Form von Gewinnen.

In einigen Staaten, zum Beispiel in den USA und in der Schweiz, kommt es tatsächlich zu einer doppelten Besteuerung. Die Unternehmung zahlt Steuern auf die Gewinne, und die Eigenkapitalgeber zahlen nochmals Steuern, wenn sie die Gewinne (in irgendeiner Form) erhalten.

Dagegen zahlt die Unternehmung keine Steuern auf die wirtschaftlichen Ergebnisse, aus denen sie Zinsen zahlt. Zinsen werden dann nur einmal versteuert, wenn sie vom Kapitalgeber vereinnahmt werden. Es kommt ein Weiteres hinzu: Ein großer Teil des Fremdkapitals wird von Pensionskassen und von Sozialversicherungsträgern zur Verfügung gestellt, die für die vereinnahmten Zinsen keine Steuern zu entrichten haben, und die Versicherten haben vielfach gewisse Steuerbefreiungen, weil auf diesem Weg die private Altersvorsorge gefördert werden soll. In anderen Staaten, so in Deutschland, erhält der Aktionär eine Steuergutschrift. Dadurch wird die doppelte Besteuerung wieder korrigiert.

Zusammenfassend läßt sich sagen:

Wirtschaftliche Ergebnisse, die aufgrund der Kapitalstruktur dem Eigenkapital zugerechnet werden, werden je nach Land und Dividendenpolitik zwischen dem 0,5-fachen und dem 2-fachen mit Steuern belastet.

Wirtschaftliche Ergebnisse, die dem Fremdkapital zugerechnet werden, unterliegen zwischen dem 0-fachen und dem 1-fachen der Steuer.

Das macht die Bestimmung einer optimalen Kapitalstruktur nicht gerade leicht und verbietet eigentlich eine geschlossene Formel für den DCF.

In praktische Fällen muß jedoch die Steuergutschrift eigens berücksichtigt werden. Dann wären bei der Equity-Methode die Cashflows (nach Steuern), abzüglich der geplanten Investitionen, plus eventueller Steuergutschriften zu diskontieren. Für die Diskontierung wäre der Eigenkapitalkostensatz heranzuziehen. Bei der Entity-Methode wären zu diskontieren die Cashflows (nach Steuern), abzüglich der geplanten Investitionen, plus eventueller Steuergutschriften plus Zinszahlungen. Für die Diskontierung wären die durchschnittlichen Kapitalkosten WACC, wie definiert, heranzuziehen.


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