Target Costing ist ein Konzept des Kostenmanagements, das seit den 1970er Jahren in japanischen Unternehmen in aller Konsequenz praktiziert wird und seit den 1980er Jahren auch in der englischsprachigen Literatur (über japanische Autoren) Eingang findet. Es zählt zu den Konzepten, die (vergleichbar der japanischen Qualitätsoffensive) zeigen, „… how Japanese manufactures – and in this case, their management accountants – have taken concepts and practices developed in the United States, modified them, and used them to beat us in the international marketplace.“ (Howell).
Target Costing zielt auf eine durchgängige und möglichst direkte marktorientierte Steuerung der Unternehmung und ihrer Teilbereiche nach ergebnisorientierten Gesichtspunkten mit Hilfe konkreter und fassbarer Steuergrößen ab: mit Zielkosten. Es verwirklicht damit die Forderung einer Marktorientierung aller Unternehmensprozesse aus der Sicht des Kostenmanagements. Damit steht nicht mehr die Frage im Vordergrund „Was wird ein Produkt kosten?“, sondern „Was darf ein Produkt kosten?“. Target Costing ist deshalb als ein streng marktorientiertes Kostenmanagement zu bezeichnen, das die kostenorientierte Koordination aller Unternehmensbereiche, im Wesentlichen des Marketing, der F&E und der Produktion in Bezug auf den Lebenszyklus eines Produktes sicherstellt (Produktlebenszyklus-Konzept).
Der Ansatz dient in erster Linie zur Unterstützung von Unternehmen, die auf wettbewerbsintensiven Märkten kurzen Produktlebenszyklen und hohem Preisdruck ausgeliefert sind. Mit dem Ansatz in Verbindung gebracht werden üblicherweise High-Tech-Industrien, bei denen wegen kurz aufeinanderfolgender Produkteinführungen die frühen Phasen des Kostenmanagements hervorgehobene Bedeutung besitzen.
Target Costing zielt nicht, wie die traditionelle Kostenrechnung, auf die Produktion ab, sondern auf die frühen Phasen im integrierten Produktlebenszyklus. Kostenplanerisch setzt es in der Entwicklungsphase eines Produkts ein und zielt damit ab auf eine Kostenbeeinflussung (in Abhängigkeit von den Anforderungen des Marktes) in einer Phase, in der die größten Effekte zu erzielen sind. Hier liegt auch der Brennpunkt strategischen Kostenmanagements, der sich in drei Faktoren wider spiegelt: Qualität, Strategie und Kosten. Target Costing ist deshalb ein Instrument des strategischen Kostenmanagements.
Wie aus der Abbildung ersichtlich wird, erfolgt mit diesem Ansatz eine marktbezogene Koordination der drei Elementarmodule Preis, Gewinn und Kosten — vergleichbar einem Transmissionsriemen.
Im Vordergrund des Konzepts stehen insb. zwei Phasen: die der Zielkostenfindung und die der Zielkostenerreichung. Zielkosten lassen sich auf fünf verschiedene Arten herleiten:
Market into Company:
Hier werden die Zielkosten aus den am Markt erzielbaren Preisen und der Gewinnplanung abgeleitet. Dabei handelt es sich um die Reinform des Target Costing, in Japan „Genka Kikaku“ genannt. Ausgangspunkt ist der am Markt erzielbare Preis für ein geplantes Produkt, der durch die Marktforschung fixiert wird. Nach Abzug des geplanten Gewinns (in Abhängigkeit von der gesamtunternehmerischen Strategie- und Finanzplanung) von den erzielbar erscheinenden Umsätzen werden die „Allowable Costs“ (die vom Markt eigentlich erlaubten Kosten) ermittelt. Diese werden den sog. „Standard Costs“ (Kosten bei aktuell im Unternehmen eingesetzten Technologien und Praktiken) gegenübergestellt und daraus — in Abhängigkeit von der Strategie und der Wettbewerbsintensität — die Target Costs abgeleitet.
Out of Company:
In diesem Fall werden die Zielkosten aus konstruktions- und fertigungstechnischen Faktoren in Abhängigkeit von vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, vorhandenem Erfahrungsschatz und vorhandenen Produktionsmöglichkeiten hergeleitet.
Into and out of Company:
Dabei handelt es sich um eine Kombination der ersten beiden Methoden.
Out of Competitor:
Hier werden die Zielkosten näherungsweise aus den Kosten der Konkurrenz hergeleitet.
Out of Standard Costs:
Die Zielkosten werden aufgrund vorhandener Fähigkeiten, vorhandenem Erfahrungsschatz und vorhandener Produktionsmöglichkeiten durch Senkungsabschläge aus den eigenen Standardkosten abgeleitet. Dabei handelt es sich um eine Spezialform für unterstützende Bereiche.
Nach der Zielkostenfindung bedarf es eines Instrumentariums, das eine entsprechende Kostenreduktion — ausgehend von den vorhandenen Kostenstandards — zulässt. Üblicherweise wird hierbei in zwei Phasen unterschieden: In die Kostenplanungsphase, in der die Kostenreduktion (üblicherweise primär bezogen auf das Produkt) im Vordergrund steht und die Phase des Cost Maintenance. Die erste Phase des Kostenmanagements zielt darauf ab, Kosten dadurch zu reduzieren, dass in den Entwicklungs- und Konstruktionsphasen Konstruktion und Bauart des Produktes sowie die produktionstechnischen Maßnahmen für den Produktionsprozess (im Gegensatz zur bisherigen Vorgehensweise) bereits vorab verbessert werden. In der zweiten Phase gilt es dann, die neu gesetzten Standards aus der ersten Phase im Produktionsprozess umzusetzen und zu erreichen.
Die Kostenreduktionsphase, bei der die frühen Phasen der Produktentwicklung und -konstruktion sowie der Planung für die Produktionstechniken im Vordergrund steht, hat die größte Bedeutung, da hier nicht nur die Produktions-, sondern auch die Servicekosten predeterminiert werden. Das Kostenmanagement dieser frühen Phasen steht dabei unter dem Leitmotiv: „Lieber mit 70 bis 80%iger Sicherheit möglichst früh die richtigen Dinge beeinflussen, als später mit 100%iger Sicherheit die falschen Dinge kontrollieren.“
Die Unterstützung eines solchen Vorgehens wird vor allem durch folgende Instrumente gewährleistet, die es wertorientiert aufeinander abzustimmen gilt:
- Value Control Charts
- Value Engineering
- Value Analysis (Wertanalyse)
- Prozesskostenrechnung
- Cost Tables (Kalkulation, konstruktionsbegleitende)
- Simultaneous Engineering
- Design to Cost
- Design to Manufacturability
- Präventives Qualitätsmanagement
- Time based management
- Erfahrungskurvenkonzept
Beschreibungen des Konzepts gehen bisher fast ausschließlich auf japanische Autoren zurück. Amerikanische Autoren zielen neuerdings erstmals ebenfalls in eine ähnliche Zielrichtung: Im Rahmen des Konzepts des Continous Improvement, das den Blickwinkel des Kostenmanagements weg von der Kostenoptimierung im Rahmen vorgegebener Bedingungen und hin zur verstärkten Beeinflussung der Rahmenbedingungen lenkt („… Moving constraints, rather than optimizing within them …“ (Hall u.a.). Target Costing in der deutschen Literatur stützt sich bisher nahezu ausschließlich auf Sekundärquellen.