Unternehmenswertorientierte Portfolio-Betrachtung ist die Interpretation des (von der Boston Consulting Group mit der Intention eines inhärenten Finanzausgleiches zwischen den strategischen Geschäftseinheiten geschaffene) Marktanteils-/ Marktwachstums-Portfolio ( Portfolio-Analysen) im Rahmen des wertorientierten Controlling. Idealtypisch ergeben sich die in der Abbildung näher erläuterten Free Cash Flow-Positionen für die vier einzelnen Quadranten, die auch durch empirische Studien wie z.B. von Hambrick / MacMillan / Day bestätigt werden konnten.
Die Ausgeglichenheit eines Unternehmens-portfolios kann auf Basis des durch das Portfolio beabsichtigten Finanzausgleiches in zweierlei Hinsicht beurteilt werden:
1) Finanzielle Querschnittsbetrachtung: Cash-Verbraucher (Free Cash Flow < 0), wie die Nachwuchsprodukte, können von Cash-Erzeugern (Free Cash Flow > 0), wie den Milchkühen und teilweise den Starprodukten, finanziert werden.
2) Finanzielle Längsschnittsbetrachtung: Jedes Produkt soll sich über seinen Lebenszyklus selbst finanzieren, indem anfängliche Cash-Defizite (Free Cash Flow < 0) in der Einführungsphase (Nachwuchsprodukte) durch Cash-Überschüsse (Free Cash Flow > 0) in der Reifephase und teilweise in der Wachstumsphase (Star-Produkte) ausgeglichen werden.
Durch die finanzielle Perspektive, die das Boston I-Portfolio ermöglicht, ergeben sich Verbindungslinien zum wertorientierten Controlling:
Das Boston I-Portfolio erlaubt aufgrund der Positionierung der Geschäftseinheiten im Portfolio Hinweise auf die augenblickliche Free Cash Flow-Situation und damit den sog. Periodenerfolg sowohl für die einzelnen strategischen Geschäftseinheiten als auch für das Gesamtunternehmen.
Darüber hinaus sind unter der Annahme idealtypischer Entwicklungen Prognosen der zukünftigen Free Cash Flow-Situation und folglich der Zukunftserfolge möglich, wenn von einer Umsetzung der Normstrategien ausgegangen wird.
Die Berücksichtigung der Shareholder Value-Sicht (Shareholder Value-Konzept) macht deutlich, welchen finanzwirtschaftlichen Hintergrund die Normstrategien besitzen.
Auf Basis der beiden erstgenannten Punkte lässt sich die momentane Ausgewogenheit des Unternehmensportfolios beurteilen, da der verfügbare Free Cash Flow in Nachwuchsprodukte investiert werden sollte. Das Portfolio sollte i.S.d. Zukunftsvorsorge weder über zuviel Cash-Verbraucher (Nachwuchs- und Auslaufprodukte) noch über zuviel Cash-Erzeuger (Milchkühe und Star-Produkte) verfügen.
Wird zusätzlich die zeitliche Dimension berücksichtigt, lässt sich die Ausgewogenheit des Unternehmensportfolios auch für die Zukunft zumindest grob abschätzen. Verfügt ein Unternehmen momentan z.B. über einen Schwerpunkt im Cash Cow-Bereich, so wird der momentane Free Cash Flow (Periodenerfolg) hoch sein, der zukünftig zu erwirtschaftende Free Cash Flow (Zukunftserfolg) könnte jedoch unterdurchschnittlich sein, da derzeit Nachwuchs- oder Star-Produkte und damit zukünftige Cash Cows fehlen. Folglich kann auch der Shareholder Value, der wesentlich durch zukünftige Wertbeiträge bestimmt wird, nicht zufrieden stellend ausfallen.